Kirchliche Behörden

Bistumskonkordat: Motion setzt Wahlrecht aufs Spiel

Seit 1828 räumt eine Übereinkunft der Bistumskantone mit dem Heiligen Stuhl diesen besondere Rechte bei der Wahl des Bischofs ein. Kündigt Luzern dieses Konkordat, wie dies ein politischer Vorstoss fordert, verlöre der Kanton seine Mitwirkung «fast sicher», warnt ein Kirchenrechtler.
Blick durch eine Kirchentür nach draussen; auf dem Vorplatz stehen Priester
Domherren unter sich. Das Bild entstand anlässlich der Aufnahme von Pius Troxler und Ruedi Heim ins Domkapitel am 17. März 2021. | © 2021 Pia Neuenschwander

Das Konkordat der Kantone Solothurn, Luzern, Zug und Bern mit Rom wurde vor bald 200 Jahren «wegen der Wiederherstellung und neuen Umschreibung des Bistums Basel» geschlossen. Vertragspartner waren damals die Kantone Solothurn, Luzern, Zug und Bern. Die übrigen sechs Bistumskantone traten dem Konkordat im Laufe der Zeit bei. 

Die Übereinkunft räumt – weltweit einzigartig – dem Domkapitel das Recht ein, den Bischof zu wählen. Dieses Gremium wird gebildet aus 18 Domherren – Priestern –, welche die Bistumskantone vertreten. Das Konkordat regelt auch die Bezahlung der Domherren. Die «jährlichen Einkünfte für jeden zur Residenz verpflichteten Domherrn» wurden damals auf 2000 Franken festgelegt, für die nicht residierenden auf «eine jährliche Summe von 300 Franken». Für den Kanton Luzern heisst dies heute: Er bezahlt Lohn und Sozialleistungen seines residierenden Domherrn Markus Thürig und für die beiden nicht residierenden eine bescheidene Spesenpauschale. Einer von letzteren ist Rafal Lupa. Der zweite Sitz ist vakant. (Nachtrag: Die Luzerner Regierung hat dafür im Dezember 2023 Urs Elsener, Pfarrer des Pastoralraums Baldeggersee, gewählt.)

«Anachronistisch»

Diese finanzielle Verpflichtung stösst Kantonsrat David Roth (SP, Luzern) sauer auf. Sie sei angesicht der sinkenden Zahl Katholik:innen «anachronistisch», schreibt er in einer Motion, mit der er die Kündigung des Konkordats fordert (siehe Kasten). Mit Blick auf die Missbrauchsstudie erklärt Roth zudem, es sei wichtig, dass die Luzerner Bevölkerung nicht aus der Staatskasse Angestellte einer Organisation finanziere, die (...) noch nicht genügend energische Schritte unternommen habe, um Missbrauch durch eigene Würdenträger zu bekämpfen.

Das Konkordat kündigen und damit eine nicht vom Heiligen Stuhl diktierte Bischofswahl aufs Spiel setzen? Bernhard Ehrenzeller, Rektor der Universität St. Gallen, doktorierte 1984 über «Die Diözesankonferenz des Bistums Basel». Er sagt, das Konkordat sei unkündbar. Es könne nur im Einvernehmen von «Rom» und allen Bistumskantonen beendet werden. Sebastian Wetter, ein aus dem Kanton Appenzell stammender Priester, der sich in seiner Doktorarbeit 2018 mit den Bistumskonkordaten von Basel und St. Gallen befasste, meint zwar, das Konkordat könne auch einseitig gekündigt werden, warnt aber davor und meint, damit wäre das Mitwirkungsgrecht bei der Bischofswahl für den Kanton Luzern «fast sicher verloren». Rom habe solche Rechte damals verliehen, sie später aber zurückgezogen, wenn sie nicht durch ein Konkordat geschützt waren.
 

Die Landeskirche könnte einspringen

Wetter relativiert aber auch. Zwar habe der Kanton mit dem Konkordat die Verpflichtung übernommen, seine Domherren zu entschädigen. Die Landeskirche könne diese Finanzierung aber «rechtmässig und konkordatskonform übernehmen, ohne dass es Probleme mit dem Konkordat gäbe». Eine solche Regelung gelte heute schon bei einigen Kantonen. Allerdings bliebe der Kanton Konkordatspartner und damit verpflichtet, diese Finanzierung wieder zu übernehmen, wenn die Landeskirche sie einstellen würde.

Kanton soll keine «Kirchenkader» bezahlen

Der Kanton Luzern solle das Bistumskonkordat von 1828 kündigen und es nur erneuern, wenn daraus keine finanziellen Verpflichtungen mehr entstünden. Diese fordert der Luzerner SP-Kantonsrat David Roth in einer Motion, die er im September eingereicht hat. Nur noch rund die Hälfte der Luzerner Bevölkerung sei katholisch, trotzdem finanziere der Kanton «die Löhne und Spesen der Kader des Bistums», begründet Roth seinen Vorstoss. Das ist – siehe Haupttext – allerdings unpräzis.

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