■ 28.03.2018
«Durch Bildung können wir etwas verändern.» Pater Peter Balleis SJ hat konkrete Visionen. | © 2018 Fleur Budry
Für einen Bachelor braucht es heutzutage nicht viel mehr als ein Smartphone. Jesuitenpater Peter Balleis JS berichtete am Donnerstag (22. März 2018) an der Universität Luzern über die faszinierenden Möglichkeiten von E-Learning und wie JWL die Uni direkt zu den Menschen in Flüchtlingscamps und Krisenregionen bringt.
Seit 2013 ist es an der Universität Luzern (neben Genf) möglich, das Bachelorstudium Theologie als Fernstudium zu absolvieren. Rund 100 Studierende aus dem deutschsprachigen Ausland nutzen derzeit dieses Angebot. Das sind Menschen, die es sich nicht einrichten können, einen Campus zu besuchen, die auf das zeit- und ortsunabhängige Lernen angewiesen sind, sei dies aus privaten oder beruflichen Gründen. Die Universität erreicht somit Menschen, die sie bis anhin nicht erreichen konnte.
«Unser Bildungssystem muss flexibler werden. Es muss sich auf die globale Situation umstellen.» Peter Balleis SJ
Entgegen den Vorstellungen, diese Art von Studium sei im Alleingang und im stillen Kämmerlein zu bewältigen, fördert auch das Fernstudium die Sozialkompetenz der Studierenden – Präsenz ist durchaus vorhanden. Denn es findet eine breite Vernetzung unter den Studentinnen und Studenten statt, die Leute treffen sich, stellen Kontakte her, organisieren sich. Eine hohe Fähigkeit zum Zeitmanagement ist gefragt, ein Computer alleine reicht da nicht aus.
Die Bildung muss zu den Menschen kommen
Modelle des «blended learning» – optimale Verknüpfung von Präsenzunterricht und E-Learning-Programmen – werden in unserer digitalen Welt immer wichtiger. So kann ein Computer, Tablet oder Smartphone bereits erstaunlich viel ausrichten, wenn es darum geht, Bildung auch für jene Menschen zugänglich zu machen, die sich in Krisengebieten und anderen Ausnahmezuständen befinden. Für Menschen auch, die fernab von Grossstädten, Campus und Bibliotheken leben.
Im Namen von horizonte wurde am Donnerstagabend (22. März 2018) Jesuitenpater Peter Balleis SJ an der Universität Luzern zu seiner Vorlesung begrüsst: «Fernstudium für Arme und Flüchtlinge: Digitale Universitätsbildung zur Ursachenbehebung von Armut und Flucht». Am Beispiel von Jesuit Worldwide Learning, kurz JWL, brachte er Erfahrungsberichte aus dem Irak, Afghanistan, Sri Lanka und aus Kenia mit, die eindrucksvoll aufzeigten, welchen Effekt ein Fernstudium bei Menschen auslösen kann, die gierig nach Wissen sind. Und es ist dies doch eine globale, eine menschliche Begierde.
«Früher haben wir noch Bücher über den Zaun in die Flüchtlingslager geschmissen, damit sie dort eine Bibliothek aufbauen konnten», so Pater Peter Balleis SJ zur Flüchtlingsarbeit von noch vor 20 Jahren. Mit der Digitalisierung und den daraus resultierenden Möglichkeiten für Online-Studiengänge öffnen sich heute ganz andere Perspektiven. JWL nützt die neuen Technologien, um das Wissen direkt zu den Leuten zu bringen. Da ist ein USB-Stick nunmal leichter zu transportieren als ein Stapel Bücher.
Studieren auf dem Smartphone
Sobald die technischen und materiellen Voraussetzungen gegeben sind, kann also drauf los studiert werden. Es reicht sogar ein Smartphone, um Englisch zu lernen und die 45 Credits für das Diplom in Liberal Arts zu holen. JWL stellt Tablets zur Verfügung, so können sich in Flüchtlingscamps oder kleinen Dörfern Arbeitsgruppen bilden, die sich aber auch über die Zäune hinaus vernetzen, mit anderen Studierenden in anderen Ländern «learning communities» bilden können. Das ist für viele Menschen eine immense Chance, es erweitert die Denk- und Sichtweise, fördert den globalen Wissensaustausch.
«Durch Bildung können wir etwas verändern», davon ist Peter Balleis SJ überzeugt, und das ist auch das Credo von JWL. Das Diplom ermöglicht den Zugang zu Universitäten, setzt einen Grundstein. Auch ist das Studium sinnvolle Beschäftigung für Menschen auf der Flucht, bedeutet einen Lichtblick, denn die Zeit im Flüchtlingslager ist «wasted time», oder auch «verlorene Zeit», so Peter Balleis SJ.
Humanität, Liebe und Respekt
Das Ziel, mit dem Fernstudium für Arme und Flüchtlinge das Problem an der Wurzel zu packen, Armut und Flucht damit womöglich auszumerzen, mag hoch gesteckt sein, Pater Peter Balleis SJ spricht jedoch überzeugt und beherzt von der Vision von JWL. Die Ausgebildeten können wertvolle Ratgeberinnen und Ratgeber für ihre Mitmenschen sein, haben Ideen und auch den Willen und das Wissen, diese umzusetzen. Solche Menschen braucht es. Überall.
Dass die Universität Luzern noch mehr tun könnte, kreativer werden dürfte, um Hürden abzubauen, mit denen Geflüchtete auf dem Campus hier konfrontiert werden, auch dem verleiht Balleis Nachdruck. Ein Appell an uns alle und an unsere Köpfe, die laut Francis Picabia deshalb rund sind, damit das Denken seine Richtung ändern kann.
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Beim Begrüssungsapéro vorab. V.l.n.r.: Elisabeth Kalman Sarkis (Fundraising JWL), Peter Balleis SJ (JWL-Direktor) und Andreas Schalbetter SJ (röm.-kath. Hochschulseelsorger Uni Luzern) | © 2018 Fleur Budry
Auch in einer Präsenz-Vorlesung muss die Technik laufen. Die letzten Vorbereitungen im Hörsaal | © 2018 Fleur Budry
«Man muss sich zuerst mal die Realität anschauen.» Pater Peter Balleis SJ sitzt in den Reihen der Studierenden und Zuhörenden. | © 2018 Fleur Budry
«Wir gehen dorthin, wo die Leute sind.» Pater Peter Balleis SJ bei seinem Vortrag | © 2018 Fleur Budry