Praktika für Kircheninteressierte: Die Wähe soll vielen Menschen schmecken

Was haben die Zeitung im Briefkasten und die Kirche im Dorf gemeinsam? Sie sind nicht mehr selbstverständlich. Journalist Marco Kauffmann sieht nach seinen Tagen in der Pfarrei Sursee bestätigt, worauf es da wie dort ankommt: Wandel und Begeisterung.
Journalist Marco Kauffmann an einem der Fastensuppen-Freitage in Sursee, an dem er Wähe verschenkte. | © 2020 Werner Mathis

Er hat Gottesdienste besucht, einer Beerdigung beigewohnt, den kirchlichen Sozialdienst kennengelernt. «Und natürlich habe ich alles gelesen, was mir unter die Finger kam», sagt Marco Kauffmann. Zwischen zwei Stellen erlebte der 52-jährige Journalist im März acht dichte Tage in der Pfarrei Sursee. Kauffmann, Ruswiler Wurzeln, aber in Luzern aufgewachsen, hatte 13 Jahre für die NZZ gearbeitet, zuletzt als Korrespondent für Indien und Südasien in Mumbai. Seit drei Monaten leitet er nun die Auslandredaktion von Radio SRF.

Einblick vor Ort nehmen

Für den Einblick in Sursee hatte er keinen beruflichen Grund. Eigentlich. Religion sei allerdings in der Ausland-Berichterstattung ein wichtiges Thema, sagt er. Konflikte haben oft einen religiösen Hintergrund, Glaubensvertreter üben Macht aus. Nach einigen Erfahrungen «mit sehr konservativen Kardinälen» ermunterte eine Fastenopfer-Vertreterin Kauffmann, doch in Sursee für eine Weile «eine ganz andere Art von Kirche» zu erleben.

Kauffmann stieg ein – auch im journalistischen Selbstverständnis, sich nicht mit den Informationen der offiziellen Quellen zu begnügen, sondern auch mit den Menschen vor Ort zu sprechen. Was er von und mit diesen in Sursee erfahren hat, bestärkt Marco Kauffmann. Er sei zwar ein kritisches Kirchenmitglied, gerade die soziale Arbeit der Kirchen überzeuge ihn aber – ob auf den Philippinen oder in Sursee. Hier erlebte er ebendiese Kirche so offen, dass er etwa in einem Familiengottesdienst «verblüfft» war, hat er in Gesprächen festgestellt, dass «da nicht jede Position aus Rom verteidigt wird», was ihn die unveränderlichen Widersprüche zwischen Welt- und Ortskirche leichter aushalten lässt.

Marco Kauffmann schenkte in der Fastenzeit auf dem Martignyplatz Suppe aus und servierte Apfelwähe. Das einfache Freitagsmahl schmeckt jeweils vielen Menschen. Weil sie sich eingeladen fühlen und sie niemand mit Bibelzitaten zu ködern versucht. Deshalb auch, weil die Kirche sich damit aus ihren eigenen Mauern, wo früher aufgetischt wurde, onder d Lüüt bewegt.

Den Spielraum ausschöpfen

Hier diese Form von Kirche, in der er sich willkommen fühlt, da die Medien, der berufliche Alltag: Für Kauffmann haben die zwei Welten etwas gemeinsam. Beiden kommt ihre Klientel abhanden, wenn sie sich nicht bewegen. «Früher hat man die Zeitung einfach abonniert und ging am Sonntag zur Kirche. Das ist längst nicht mehr so.»

Was die Kirche betrifft, ist für Kauffmann Pfarreialltag, wie er ihn in Sursee erlebt hat, der richtige Weg: «Die Kirche soll den Spielraum ausschöpfen, den sie vor Ort hat. Das darf keine ideologische Frage sein. Eine Kirche, die um ihre Mitglieder kämpfen muss, muss alle Menschen einschliessen.» Kauffmann ist bewusst, dass der Wandel, der damit gemeint ist, oft von einzelnen Personen angestossen wird und abhängt. Doch dies sei nicht nur in der Kirche so.

Gute Idee Pfarreipraktium

Eine Woche lang tauchte der Journalist Marco Kauffmann im März in den Alltag der Pfarrei Sursee ein. Diese Möglichkeit nutzen dort immer wieder Interessierte, aber es stecke kein Konzept dahinter, sagt Pastoralraumleiter Claudio Tomassini. «Wir haben eine offene Tür. Und weil wir darüber berichten, melden sich die Leute und vernehmen, dass es spannend war.» Jesus habe das damals doch auch so gemacht, «und es wirkt noch heute», freut sich Tomassini. Die Gäste seien gerade wegen ihrer Unterschiedlichkeit immer auch für die Pfarrei ein Gewinn. Einblick in den Kirchenalltag nahmen etwa schon ein 20-jähriger, angehender Theologiestudent, oder ein Innenarchitekt, der auf Theologie umsatteln wollte.

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