Pfarreisekretärinnen: Sie sind die Managerinnen im Pfarrhaus

Pfarreisekretärin ist ein unterschätzter Job. Denn mit Telefon hüten und Tür aufmachen ist es nicht getan. Vielmehr braucht es Fachwissen aus mehreren und ganz unterschiedlichen Berufen.
Eine der Managerinnen im Pfarrhaus: Die Hochdorfer Pfarreisekretärin Emerita Lötscher. | © 2020 Thomas Stucki

Korrespondenz, Tür- und Telefondienst sowie administrativer Support sind die ersten drei Aufgaben einer Pfarreisekretärin. So steht es im Handbuch der Kirchenpflege der aargauischen Landeskirche. Das ist fünfzehn Jahre her, aber das Image, ein Job ohne besondere Anforderungen zu sein, hält sich hartnäckig: «Was hast du überhaupt zu tun den ganzen Tag?», fragten viele, sagt Emerita Lötscher, Pfarreisekretärin in Hochdorf und Vorstandsmitglied des Pfarreisekretärinnen-Vereins (siehe Kasten).

Mehrere Fachgebiete vereint

Pfarreisekretärinnen sind die Visitenkarten einer Pfarrei, oft die erste Ansprechperson. Und dies nicht nur für Organisatorisches, sondern auch in der sogenannten «Passantenhilfe», also wenn Menschen in Not am Schalter stehen. Dann ist Einfühlungsvermögen gefragt; Nächstenliebe. Und auch innere Stärke, sich abgrenzen zu können vom Schicksal anderer Menschen. Ein Wechsel zwischen zwei ganz unterschiedlichen Berufen, von einem Moment zum anderen. Abgabetermine, dringende Anfragen und Projektbeschriebe hin oder her. Seit ausserdem im Bistum Basel die Pastoralräume entstehen, sich also mehrere Pfarreien verbinden, nimmt der Verwaltungsaufwand der Sekretariate enorm zu. Etwa, weil nun Gottesdienste gleich für mehrere Pfarreien geplant werden müssen.

Heute sind die Sekretariate Stabsstellen von Pfarreien, die Profession geht aber wahrscheinlich auf die «Mamsellen» zurück. Denn Männer hatten noch bis ins 20. Jahrhundert hinein kaum Kenntnisse in Haushaltarbeiten. Aus der Haushälterin des Pfarrers sei wohl im Lauf der Zeit die Sekretärin geworden, vermutet auch Lötscher. Und noch heute übernehmen zumeist Frauen diese zentrale Funktion. Fortbildungen für Pfarreisekretärinnen gibt es seit Anfang der 1980er-Jahre, erstmals taucht der Begriff 1967 in einem Protokoll der diözesanen Fortbildung des Bistums Basel auf.

Verein feiert in Luzern

Um den Beruf der Pfarreisekretärin zu schützen und die Aus- und Fortbildung zu sichern und zu unterstützen, gründeten die Pfarreisekretärinnen im Jahr 2000 einen Verein. Anfangs verband er nur Pfarreisekretärinnen des Bistums Basel. Heute zählt der Verein 350 Mitglieder aus drei Bistümern. Am Mittwoch, 11. März, feiert der Verein in Luzern anlässlich seiner Generalversammlung das 20-jährige Bestehen. Präsidentin ist Ruth Hunziker-Schmid aus Basel. pfarreisekretaerinnen.ch

 

Neue Funktion geschaffen

Die Stellen sind oft Teilzeitpensen und bieten sich daher an, Familie und Erwerbsarbeit zu vereinen. So würden sich vermehrt auch junge Personen bewerben, stellt Béatrice Demuth fest, Vizepräsidentin des Vereins. Bislang fehlten den Berufsleuten indes Angebote für einen Aufstieg. Die 2018 geschaffene Funktion «Leitungsassistenz» bietet nun eine Perspektive. Diese Weiterbildung ist in «ForModula» integriert, das modulare Bildungssystem der katholischen Kirche der Deutschschweiz.

«Pfarreisekretärin ist der beste Job der Welt»

Martina Roth ist Pfarreisekretärin in Entlebuch. Dort, wo sie aufwuchs und die Menschen kennt. Das werde sehr geschätzt, sagt sie. Denn oft sei sie die erste Anlaufstelle, bei ganz Alltäglichem, aber auch in schwierigen Momenten.
«Ich würde diesen Job nicht irgendwo machen wollen – für mich ist es ganz besonders wertvoll, die Menschen hier und ihre Geschichten zu kennen. Es wird oft unterschätzt, was alles zu diesem Beruf dazugehört. Wie schnell es wechseln kann von etwas ganz Gewöhnlichem, einem Telefonat, einem Brief, einer Bestellung zu etwas Existenziellem. Das kann ein Todesfall sein, etwas Zwischenmenschliches, ein Problem in einer Familie. Einfach alles, was das Leben mit sich bringen kann. Zwischen diesen beiden komplett verschiedenen Aufgaben bewegt sich mein Job und deshalb mache ich das so gern.»

Barbara Togni ist Pfarreisekretärin in Ballwil. Sie wechselte von der Bank ins Pfarramt. Die Familienfrau schwärmt vom «besten Job der Welt». Ideal, um Wohnort, Arbeit und Familie unter einen Hut zu bringen. «Ich wollte eigentlich Floristin werden als Kind, landete aber im Bankfach. Ein Beruf mit viel Kontakt zu Menschen, viel Kommunikation. Wie bei meinem heutigen Beruf. Hier bekomme ich einfach das ganze Leben mit. Hautnah, in allen Facetten. Das begeistert mich noch immer sehr. Klar, das Vorurteil hält sich hartnäckig, wir Pfarreisekretärinnen seien altmodisch und streng katholisch. Damit kann ich leben, irgendwoher kommt sowas ja. Heutzutage zentral ist für mich aber die Anforderung, sozusagen mehrere Berufe miteinander kombinieren zu können.»

Margrith Käppeli ist Pfarreisekretärin in Littau. Die ausgebildete Lehrperson mag die Selbstständigkeit und Verantwortung ihres zweiten Berufs. Und den Kontakt mit den Menschen und ihren Anliegen. «Ich habe manchmal den Eindruck, mich rechtfertigen zu müssen für meinen Job in der katholischen Kirche. Und dass es mir auch noch gefällt. Als ob man besonders fromm sein müsste dafür. Mir passt einfach, was alles zusammenkommt. Das entspricht mir sehr: kaufmännisches Handwerk und soziale Aufgaben gehen Hand in Hand. Ausserdem gehört auch die Öffentlichkeitsarbeit dazu. Wer hat schon so viele unterschiedliche Berufe in einem? Es ist kein Wunder, dass man für diese Arbeit gleichzeitig verschwiegen sein muss und offen, gleichermassen sozial wie auch ruhig.»

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